5. Teil – Wirtschaftsraum Bern

Ausführungen zum 5. Teil der rechtlichen Beiträge – Wirtschaftsraum Bern

Nachfolgend finden Sie Ausführungen zum Thema “handelsrechtliche Verträge”. Bei Fragen können Sie uns auch direkt kontaktieren (Kontakt).

Handelsrechtliche Verträge – Teil 2

Im Newsletter vom April 2020 haben wir mit einer mehrteiligen Serie über handelsrechtliche Verträge gestartet und dabei die Notwendigkeit von Verträgen und das Wesen der handelsrechtlichen Verträge erläutert. Im Newsletter August 2020 befassen wir uns mit dem Thema «Vertragsredaktion». Nachfolgende finden Sie vertiefte Informationen über einzelne Vertragsklauseln und ergänzende Angaben zur Vertragsredaktion.

Vertragsredaktion

Ein Vertrag muss nicht zwingend klassisch aufgebaut sein. Er kann auch in zu regelnde Abläufe gegliedert werden. Dabei werden bei jedem Ablauf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien separat erfasst. Die Vertragsgestaltung hängt stark von dem zu regelnden Sachverhalt und der Komplexität ab. Wird in der IT-Branche beispielsweise ein Laptop gekauft, handelt es sich dabei um einen einfachen Kaufvertrag. Wird jedoch beispielsweise ein Servicevertrag, ein Vertrag für die Nutzung einer Filesharing Plattform, ein Softwareentwicklungsvertrag etc. abgeschlossen, sind die Verträge in ihrer Ausgestaltung exakt auf die Hauptleistung abzustimmen und sehen von der Vertragsstruktur wesentlich anders aus als ein einfacher Kaufvertrag.

Besonders bei einem komplexen Sachverhalt ist es hilfreich, Abläufe und Verantwortlichkeiten oder auch Zeitabschnitte graphisch darzustellen und anhand dieser Darstellung den Vertrag zu erstellen. Teilweise ist es zielführender, nicht alle Regelungen in ein Dokument zu verpacken, sondern gewisse Regelungen separat abzuschliessen oder zu redigieren, wie beispielsweise eine separate Geheimhaltungsvereinbarung anstelle einer vertraglich integrierten Vereinbarung. In diese Kategorie gehören auch die heute wichtigen Datenschutzerklärungen und AGB. Anstatt in jedem Vertrag all diese Regelungen einzeln aufzuführen, können Datenschutzerklärungen und AGB separat erstellt und explizit als integrierender Vertragsbestandteil bezeichnet werden. Während eine separate Geheimhaltungsvereinbarung dazu dient, beispielsweise vorvertragliche Verhandlungen abzusichern, dienen einheitliche AGB und Datenschutzerklärung der Reduktion von Fehlern und beugen aufgeblähten und ellenlangen Verträgen vor.

Vertragsklauseln

Vertragsklauseln können nicht per se einfach übernommen werden. Je nach Sachverhalt sind sie entsprechend auszugestalten oder gar nicht anzuwenden.

Übersicht über verschiedene Vertragsklauseln:

  • Gewährleistung
  • Haftung
  • Verzug
  • Kündigung
  • Konventionalstrafe
  • Geheimhaltung
  • Konkurrenzverbot
  • Konfliktlösungsverfahren
  • Schiedsgericht
  • Mediation
  • Salvatorische Klausel
  • Rechtswahl
  • Gerichtsstand
  • Schriftlichkeitsvorbehalt
  • Anzahl Exemplare

1. Gewährleistung und Haftung

Oftmals werden in Verträgen Gewährleistungs- und Haftungsansprüche miteinander vermischt, weshalb hier kurz der Unterschied erläutert werden soll:

Die Gewährleistung betrifft Mängel der vereinbarten Hauptleistungen. Diese können Sachmängel (z.B. Schäden, Funktionstüchtigkeit) und Rechtsmängel (z.B. Drittrechte, die am Wirtschaftsgut bzw. Vertragsobjekt bestehen) sein. Zudem befasst sich die Gewährleistung auch mit den Leistungen, welche der Vertragspartner erwarten darf, falls  Mängel vorhanden und zu beheben sind, wie beispielsweise die Nachbesserung, der Preisnachlass oder der Vertragsrücktritt.

Die Haftung betrifft hingegen den Ausgleich eines finanziellen Schadens, den eine Partei aufgrund einer Fehlleistung der anderen Partei erlitten hat. Dabei wird oftmals zwischen direktem und indirektem Schaden unterschieden, wobei die Abgrenzung von der Länge der Kausalkette abhängt und oftmals nicht ganz scharf voneinander abgetrennt werden kann. Weiter wird die Haftung oft vom Verschulden des Vertragspartners abhängig gemacht, wobei dieses nach Obligationenrecht in der Regel vermutet wird. Zudem kann die Haftung für fahrlässig verursachte Schäden auch in der Höhe begrenzt werden.

Falls also ein Verkäufer eine mangelhafte Waschmaschine liefert, so kann der Käufer aufgrund der Gewährleistung die Reparatur der Maschine oder deren Austausch verlangen. Falls die Waschmaschine (z.B. wegen austretendem Wasser) einen Schaden am Boden verursacht hat, handelt es sich dabei um einen sog. direkten Schaden. Nach Obligationenrecht wäre dieser Schaden unabhängig vom Verschulden vom Verkäufer zu tragen. Falls hingegen das austretende Wasser einen Kurzschluss im Stromkreis verursacht hat und deshalb das ganze Gebäude in Brand geraten ist, würde es sich um einen indirekten Schaden handeln, weil mit dem Kurzschluss eine weitere Schadensursache hinzu getreten ist, mit dem nicht per se gerechnet werden musste. Für entsprechende Schäden haftet der Verkäufer nur, wenn ihm zumindest eine Fahrlässigkeit zukommt, was aber von Gesetzes wegen vermutet wird.

2. Termin- und Verzugsbestimmungen

Wichtig ist oft auch eine klare Regelung, bis wann eine bestimmte Leistung erbracht werden muss und welche Folgen eine verspätete Leistung hat. Mit Ablauf eines vereinbarten Termins wird eine Leistung grundsätzlich fällig d.h. der Vertragspartner kann die Leistung zu diesem Zeitpunkt einfordern. Falls die Leistung bis dahin nicht erbracht wird, kann der Gläubiger die Leistung unter Ansetzung einer Frist einfordern und den Schuldner damit in Verzug setzen. Für Geldschulden tritt damit unter Kaufleuten eine Verzinsung von 5% in Kraft. Nun kann es aber auch sein, dass eine Leistung nur an einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll verwendet werden kann (z.B. Hochzeitstorte) oder schon kleine Verzögerungen grössere Verluste verursachen (z.B. Aufstellung eines Krans). In solchen Fällen müssen die Termin- und Verzugsbestimmungen sorgfältig überdacht und formuliert werden.

3. Kündigungsbestimmungen und -folgen

Bei Dauerverträgen ist klar festzulegen, wer unter welchen Gegebenheiten und unter Beachtung welcher Fristen den Vertrag auflösen kann. Welche Regelung hier sinnvoll ist, kann oft nur im konkreten Fall bestimmt werden. Die Vertragspartner müssen dabei die gegenseitigen Abhängigkeiten und Substitutionsmöglichkeiten abwägen. Wichtig ist dabei auch die Regelung der einzuhaltenden Modalitäten (z.B. schriftliche Kündigung). Weiter müssen allenfalls Pflichten im Hinblick auf die Vertragsbeendigung festgelegt werden (z.B. Rückgabe von Gegenständen, Unterstützung bei Migration von IT-Systemen usw.). Schliesslich ist stets auch zu überlegen, welche Vertragspflichten die Vertragsbeendigung allenfalls für eine bestimmte Zeit überdauern sollen (z.B. Geheimhaltungsverpflichtungen; Konkurrenzverbote usw.)

4. Konventionalstrafe

Sie dient der Sicherung einer Forderung und schafft so Erfüllungsdruck. Die Konventionalstrafe ist im Gegensatz zur Haftung nicht an einen konkreten Schadensnachweis gebunden und dient insbesondere für Fälle, in welchen eine Schadensbezifferung schwierig bis unmöglich wäre. Sie kann alternativ zur Hauptleistung oder kumulativ vereinbart werden. Übersetzte Summen werden richterlich herabgesetzt, weshalb bei der Berechnung von Konventionalstrafen und auch bei deren Formulierung höchste Vorsicht geboten ist. Sie kann beispielsweise für Vertragsverletzungen zulasten der verletzenden Partei vereinbart werden und zwar mit einer konkreten Summe pro Verletzungsfall. Sie tritt nicht prinzipiell anstelle des Schadenersatzes oder der Realerfüllung. Das zusätzliche Verlangen der Realerfüllung oder weitergehenden Schadenersatzes muss jedoch ausdrücklich vorbehalten werden.

5. Geheimhaltung

Geheimhaltungsvereinbarungen sind nicht nur bei vorvertraglichen Verhandlungen relevant, sondern auch während eines Vertragsverhältnisses. Lagert ein Unternehmen beispielsweise seine Kundendaten auf Schweizer Rechenzentren aus, bringt dies mit sich, dass die entsprechenden IT-Mitarbeiter je nach dem, welche Leistungen bezogen werden, grundsätzlich auf diese Daten zugreifen könnten. Da dies dennoch eine sicherere Variante ist als ein kleiner Inhouse-Server oder die Daten einzig auf einem Laptop zu lagern, dienen Geheimhaltungsvereinbarungen dazu, das Unternehmen, welches diesen Speicherplatz anbietet und betreibt wie z.B. Kühlsystem, Speicher, Ort, Zugang, Notstromgenerator, etc., zu Stillschweigen zu verpflichten und zwar nicht nur während der Dauer des Vertragsverhältnisses, sondern auch darüber hinaus.

6. Konkurrenzverbot

Da ein Unternehmen nicht möchte, dass Partner oder hochrangige Mitarbeiter gleichzeitig für konkurrenzierende Unternehmen tätig sind, werden oft Konkurrenzverbote vorgesehen. Diese können über die Vertragsdauer hinaus fortdauern, allerdings nur mit einer vernünftigen zeitlichen Beschränkung. Ein Konkurrenzverbot kann auch statutarisch zum Beispiel für Gesellschafter festgelegt werden.

7. Salvatorische Klausel

Enthält ein Vertrag unwirksame oder unvollständige Vereinbarungen oder wird die Erfüllung unmöglich, kann dies mangels anderweitiger Regelung Nichtigkeit bzw. Teilnichtigkeit nach sich ziehen. Selbstverständlich besteht kein Problem, wenn sich die Vertragsparteien einig sind und den Vertrag in der Folge fortführen. Da nicht von Vornherein auf eine Einigung der Parteien vertraut werden sollte, ist es sinnvoll, entsprechende vertragliche Regelungen vorzusehen. Die salvatorische Klausel legt fest, wie sich die Parteien in den hiervor erwähnten Fällen verhalten sollen bzw. wie solche Fälle zu lösen sind in Bezug auf das konkret vorliegende Vertragsverhältnis. So kann vereinbart werden, dass nichtige Vereinbarungen durch solche zu ersetzen sind, die inhaltlich der ursprünglichen Absicht am nächsten kommen oder dem Willen der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprechen. Es kann aber auch vereinbart werden, dass im entsprechenden Fall der ganze Vertrag dahinfällt. Es sind hier unterschiedliche Möglichkeiten denkbar. Allen ist der Umstand, dass die Parteien nicht gänzlich ohne Regelung dastehen, gleich.

8. Schriftlichkeitsvorbehalt

In Verträgen werden oftmals auch sog. Schriftlichkeitsvorbehalte vereinbart. In einer solchen Vertragsbestimmung wird in der Regel festgehalten, dass der unterzeichnete Vertrag den Vertragsinhalt vollständig wiedergibt und sämtliche Änderungen des Vertragsinhaltes schriftlich zu erfolgen haben. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass «Schriftlichkeit» auch «unterzeichnen» durch sämtliche Parteien bedeutet und dass somit mündliche Vereinbarungen oder beispielsweise Vereinbarungen per E-Mail, die nicht signiert werden, im Streitfall ungültig sind. Allerdings kann sich, sollten die Vertragsparteien gemeinsam eine vom Vertrag abweichende mündliche Vereinbarung treffen und diese während Jahren leben, kaum eine der Parteien erfolgreich auf die Ungültigkeit der mündlichen Vereinbarung berufen. Hier kommt es stets auf den Einzelfall an. Die Parteien können natürlich, solange sie sich einig sind und keine gerichtliche Streitigkeit entsteht, ihre Vereinbarungen und Geschäftstätigkeiten so festhalten, wie sie es möchten und auch abweichend von der vertraglichen Regelung. Vorbehalten bleiben Verträge, die von Gesetzes wegen einer besonderen Form bedürfen wie der Schriftform oder der öffentlichen Beurkundung.

9. Rechtswahl und Gerichtsstand

Das Gesetz sieht teilweise zwingende Bestimmungen hinsichtlich des anwendbaren Rechts und des anzurufenden Gerichts vor (z.B. bei Konsumentenverträgen). Oftmals ist es jedoch auch den Parteien überlassen, diese Punkte eigenständig zu regeln. Klagen nach ausländischem Recht und vor ausländischen Gerichten sind oftmals mit Zusatzaufwendungen und teilweise unvorhersehbaren Kosten verbunden. So dürften beispielsweise die Kosten einer Patentverletzungsklage in den USA schnell einmal die Millionengrenze überschreiten. Zudem kann es sein, dass z.B. ein Schweizer Gericht in einem Fall deutsches Recht anwendet, weil mit dieser Rechtsordnung die grösste Verbindung besteht. Dies kann unschöne und unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen. Deshalb ist in aller Regel zu empfehlen, insbesondere bei internationalen Verhältnissen das anwendbare Recht und der Gerichtsort für den Streitfall festzulegen. Auch für Binnenverhältnisse macht dies Sinn, zumal es schon eine Rolle spielt, ob beispielsweise ein Unternehmen mit Sitz in Neuenburg jeweils ans Wohnsitzgericht des betreffenden Kunden gelangen muss. Dies insbesondere auch deshalb, weil die Schweiz mehrere Amtssprachen hat. Also macht es Sinn, dass für sämtliche Streitigkeiten aus den Vertragsverhältnissen ein Gerichtsstand, vorliegend wäre dies Neuenburg, festgelegt wird. Es ist meistens von Vorteil, wenn auf Streitigkeiten dasjenige Recht anzuwenden ist, in dem man «zu Hause» ist und dabei im eigenen Land prozessiert werden kann. In aller Regel stimmt man auch die Vertragsinhalte auf das eigene Rechtssystem ab und nicht auf ein ausländisches.

10. Mediationsklausel, Schiedsklausel, Streitbeilegungsverfahren

Es gibt viele Gründe, die den gerichtlichen Weg als ultima ratio erscheinen lassen, wie z.B. die lange Verfahrensdauer, zahlreiche Instanzen, mangelndes Fachwissen der Richter im betroffenen Geschäftsbereich, hohe Verfahrenskosten, hohe Anwaltskosten, enormer Zeitaufwand und somit starke geschäftliche Beeinträchtigung, Angst vor Imageverlust oder ungewisser Verfahrensausgang. Es ist deshalb von Vorteil, wenn in einem Vertrag Verfahren verankert werden, die der raschen, kostengünstigen, nicht präjudiziellen und zufriedenstellenden Streitbeilegung dienen. Dies können interne Konflikteskalationsverfahren sein oder auch der Beizug von Mediatoren oder ein Schiedsgericht. Zudem gibt es Branchen und Verträge, insbesondere Dauerverträge, die Unterbrüche wegen gerichtlicher Streitigkeiten nicht tolerieren. Sind sich beispielsweise eine Bank und das IT-Unternehmen, welches das E-Banking-Geschäft dieser Bank betreibt nicht einig, darf es nicht passieren, dass die IT-Dienstleistungen wegen langer gerichtlicher Streitigkeiten einfach eingestellt werden.

11. Verweis auf AGB, Datenschutzerklärung, etc., Anzahl Originalexemplare

Gehören Bestimmungen oder beispielsweise auch Pläne etc. zum Vertragsinhalt, müssen diese nicht zwingend in den Vertrag hineinkopiert oder «gepresst» werden, sondern können in separaten Dokumenten zu finden sein. Deshalb müssen Sie im Hauptvertrag explizit als vertraglichen Inhalt bezeichnet und erwähnt werden, und zwar auf eine Weise, dass alle Parteien sich dessen bewusst sind. Auch ist anzugeben, wie viele Originale des Vertrages erstellt und unterzeichnet werden. Sollte nämlich der Vertrag später abgeändert werden, wäre es gut zu wissen, wer über wie viele Exemplare verfügt, so dass sämtliche Originale angepasst werden können, sie dies direkt oder indirekt durch Anhänge.

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