1. Teil – Wirtschaftsraum Bern

Ausführungen zum 1. Teil der rechtlichen Beiträge –  Wirtschaftsraum Bern

Nachfolgend finden Sie Ausführungen zum Thema Gründungen und Beteiligungen. Bei Fragen können Sie uns auch direkt kontaktieren (Kontakt).

 

Unternehmensformen – ein Überblick über die privatrechtlichen Unternehmensformen der Schweiz

 

  Einzelunternehmen (EU) Einfache Gesellschaft (eG) Kollektivgesellschaft (KlG) Kommandit-gesellschaft (KmG) Aktiengesellschaft (AG)
Mitgliedschaft Personenbezogen Personenbezogen Personenbezogen Personenbezogen Kapital
Gesetzliche Regelung Art. 946 OR Art. 530 ff. OR Art. 552 ff. OR Art. 594 ff. OR Art. 620 ff. OR
Anzahl Gründer 1 nP Mind. 2 nP/jP Mind. 2 nP Mind. 2 nP/jP Mind. 1 nP/jP
Mindestkapital in CHF Keine Vorschrift Keine Vorschrift Keine Vorschrift Keine Vorschrift Mind. 100’00.00
Liberierung in % Keine Vorschrift Keine Vorschrift Keine Vorschrift Keine Vorschrift 20% vom Nennwert/ Aktie, mind. aber CHF 50’000.00
Ziel/Zweck Keine Vorschrift Erreichen eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln (Art. 530 Abs. 1 OR) Betreiben eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe (Art. 552 Abs. 1 OR). Betreiben eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe (Art. 552 Abs. 1 OR). Im Gegensatz zur KlG haften nicht alle Mitglieder unbeschränkt, sondern nur mind. 1 Mitglied, das eine natürliche Person sein muss. Wirtschaftliche und andere Zwecke (Art. 620 Abs. 2 OR).
Statuten /Gesellschafter-vertrag Keine Vorschrift Gesellschaftervertrag (optional) Gesellschaftervertrag (optional) Gesellschaftervertrag (optional) Ja.
Haftung Inhaber:

persönlich und unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen.

Gesellschafter: solidarisch, persönlich und unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen. Primär: Gesellschafts-vermögen.

Sekundär: Gesellschafter solidarisch, persönlich und unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen.

Kommanditsumme und unbeschränkte und persönliche Haftung des Komplementärs bzw. der Komplementäre. Gesellschafts-vermögen & Organhaftung

 

Handelsregister-eintrag Optional Nicht möglich Ja. Er wirkt grundsätzlich konstitutiv, ausser bei einem kaufmännischen Gewerbe (deklarativ) Ja. Er wirkt grundsätzlich konstitutiv, ausser bei einem kaufmännischen Gewerbe (deklarativ) Konstitutiv.
Vorteile Formlose Entstehung; kein Mindestkapital; keine Gründungskosten i.e.S.; Handelsregister-eintrag und ordentliche Buchführungspflicht erst ab bestimmten Umsatzschwellen; keine wirtschaftliche Doppelbelastung (eine Steuererklärung). Formlose Entstehung; kein Mindestkapital; keine Gründungskosten i.e.S.; keine wirtschaftliche Doppelbelastung (eine Steuererklärung). Formlose Entstehung; kein Mindestkapital; keine Gründungs-kosten i.e.S.; keine wirtschaftliche Doppelbelastung (eine Steuererklärung); Ordentliche Buchführungspflicht erst ab bestimmter Umsatzschwelle; grundsätzlich freie Firmenwahl mit Zusatz, sofern nicht täuschend oder aus reinen Sachbegriffen bestehend. Aktionär ist anonym; Haftung nur mit dem Gesellschaftsvermögen; freie Firmenwahl, solange nicht täuschend + Zusatz; Gesellschaft ist eine juristische Person, womit sich die Aktionäre anstellen lassen und so sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerrechte geniessen können; Kapitalbeschaffung; Lohn als Aufwand abziehbar; weitere abziehbare Aufwände wie die Steuer selbst.
Nachteile Keine freie Firmenwahl; Unbeschränkte Haftung des Inhabers; Unfallversicherung + Krankentaggeldversicherung; Lohn ist eine Privatentnahme und nicht als Aufwand abziehbar; Sozialabgaben auf dem Lohn, der entnommen wird; Steuern nicht abziehbar; kein Arbeitslosengeld; je nach Kanton keine Familienzulage. Gesellschafter haften solidarisch und unbeschränkt; Sozialabgaben auf dem Lohn, der entnommen wird. Gesellschafter haften solidarisch und unbeschränkt nach dem Gesellschafts-vermögen; keine Arbeitslosenunterstützung, Taggeld- und Unfallversicherung; Sozialabgaben auf dem Lohn, der entnommen wird. Gründungskosten; Mindestkapital; Mindestliberierung; Buchführungspflicht; Revisionspflicht, vorbehältlich opting out; separate Besteuerung der AG, was zu Doppelbesteuerung führen kann (Gewinnsteuer der AG und Einkommenssteuer des Aktionärs).
  Kommandit-AG (Km-AG) Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Genossenschaft Verein Stiftung
Mitgliedschaft Kapital- und Personenbezogen Personenbezogen und Kapitalbezogen Personenbezogen Personenbezogen Keine Mitgliedschaft möglich
Gesetzliche Regelung Art. 764 ff. OR Art. 772 ff. OR Art. 828 ff. OR Art. 60 ff. ZGB Art. 80 ff. ZGB)
Anzahl Gründer Mind. 1 nP/jP Mind. 1nP/1jP Mind. 7 nP/jP Mind. 2 nP/jP Mind. 1 nP/jP
Mindestkapital in CHF Mind. 100’000.00 20’000.00 Kein festes Grundkapital, da keine geschlossene Zahl von Mitgliedern Keine Vorschrift Das Anfangskapital muss dem Zweck angemessen sein, gemäss EDI 50’000.00.
Liberierung in % 20% vom Nennwert/ Aktie, mind. aber CHF 50’000.00 100 Keine Vorschrift Keine Vorschrift 100 bzw. muss das Stiftungsvermögen aus dem Vermögen des Eigentümers ausgeschieden und der Stiftung gewidmet sein.
Ziel/Zweck Wirtschaftliche und andere Zwecke (Art. 764 Abs. 2 i.V.m. Art. 620 Abs. 2 OR). Mindest ein Gesellschaftsgläubiger muss unbeschränkt haften. Dieser muss eine natürliche Person sein. Wirtschaftliche und andere Zwecke (Art. Art. 620 Abs. 2 OR). Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe (Art. 828 Abs. 1). Wirtschaftlicher Zweck / nichtwirtschaftlicher Zweck (Art. 60 ZGB). Widmung eines Vermögens zur Erfüllung eines besonderen Zwecks (Art. 80 ZGB).
Statuten /Gesellschaftsvertrag Ja. Statuten Statuten Statuten Stiftungsurkunde
Haftung Primär: Aktienkapital

Sekundär: Komplementäre;

Organhaftung

Gesellschaftsvermögen + statutarische Nachschusspflicht von Gesellschaftern möglich; Organhaftung Genossenschaftsvermögen + statutarische Nachschusspflicht von Gesellschaftern möglich + persönliche Haftung von Gesellschaftern möglich; Organhaftung Vereinsvermögen + persönliche Haftung von Vereinsmitgliedern gemäss Statuten möglich; Organhaftung Stiftungsvermögen; Organhaftung
Handelsregistereintrag Konstitutiv. Konstitutiv Konstitutiv Deklaratorisch (je nach Zweck optional/Pflicht) konstitutiv; kirchliche oder familiäre Stiftungen deklaratorisch
Vorteile Mindestkapital nur CF 20’000.00; Haftung nur mit dem Gesellschafts-vermögen + allenfalls Nachschusspflicht; freie Firmenwahl + Zusatz; da die Gesellschaft eine juristische Person ist, kann sich der Gesellschafter anstellen lassen und geniesst dieselben Rechte wie jeder Angestellte; Lohn als Aufwand abziehbar; weitere abziehbare Aufwände wie die Steuer selbst.
Nachteile Eigene Steuererklärung für die Gesellschaft und somit Gefahr der Doppelbesteuerung; weniger Haftungssubstrat i.d.R. als AG und somit oft weniger Akzeptanz bei Kunden mit grossen Aufträgen; Buchführungspflicht; Revisionspflicht, vorbehältlich Opting-out.

Terminologie

Gesellschaften sind alle erwähnten Unternehmensformen, mit Ausnahme der Stiftung und der Einzelfirma. Ersteres ist ein gewidmetes Vermögen, Letzteres der Betrieb einer natürlichen Person.

Handelsgesellschaften sind sämtliche Gesellschaften des Obligationenrechts mit Ausnahme der einfachen Gesellschaft und der Genossenschaft.

Juristische Personen = AG, Kommandit-AG, GmbH, Genossenschaft, Verein, Stiftungen

Kapitalgesellschaften = AG, GmbH, Kommandit-AG (das Kapital steht im Vordergrund)

Personengesellschaften = EU, eG, KlG, KmG (die Person steht im Vordergrund)

 

Minderheitsbeteiligungen

In welchem Umfang möchte ich mich oder mein Unternehmen an einer Gesellschaft beteiligen? Genügt eine Minderheitsbeteiligung oder möchte ich unbedingt eine Mehrheitsbeteiligung?

Erwirbt jemand Beteiligungen an einem Unternehmen, muss genau überlegt werden, aus welchen Gründen diese erworben werden und wie viel Mitspracherecht der Erwerber haben möchte. Eine Beteiligung kann beispielsweise als Kapitalanlage dienen. Manchmal geht es auch um Prestige. Es gibt auch Unternehmen, die gemeinsam ein weiteres Unternehmen aufbauen und dieses gemeinsam halten und nutzen. Dient die Beteiligung einzig als Kapitalanlage, ist das Mitspracherecht unter Umständen nicht so wichtig. Gehört ein Unternehmen weiteren Unternehmen, die dieses zur Geschäftstätigkeit nutzen, spielt hingegen das Mitspracherecht eine erhebliche Rolle. Es geht hierbei nicht nur um das Kapital, sondern auch um die Nutzungsmöglichkeit der Gesellschaft und somit um die gemeinsame Zusammenarbeit hinsichtlich der Entwicklung des gemeinsamen Unternehmens. Es stellen sich zahlreiche Fragen der Geschäftsführung, jedoch auch Fragen wie beispielsweise wann und wie hoch eine Kapitalerhöhung vorgenommen werden soll. Je mehr hierbei ein beteiligtes Unternehmen an Beteiligungen hält, desto mehr kann es über das Schicksal der gemeinsamen Unternehmung entscheiden. Solange sich die Beteiligten einig sind, spielt dies keine Rolle. Kommt es jedoch zu Meinungsverschiedenheiten oder gar Streit, merkt der Minderheitsbeteiligte schnell, wer am längeren Hebel sitzt. Der Minderheitsbeteiligte kann sich bei unüberbrückbaren Differenzen lediglich gerichtlich zur Wehr setzen, was aufwändig, kosten- und zeitintensiv und der weiterführende Zusammenarbeit der Beteiligten nicht zuträglich ist. Hier hilft auch der Aktionärbindungsvertrag nicht wirklich weiter. Hält sich ein Beteiligter nicht daran, muss erneut gerichtlich vorgegangen werden, um diesen durchsetzen zu können. Um dem vorzubeugen, sollten Minderheitsaktionäre auf statutarische Regelungen achten. Die Statuten sind sind nämlich im Gegensatz zum Aktionärbindungsvertrag für die Gesellschaft verbindlich und von dieser zwingend einzuhalten. Gerade wenn es um Kapitalerhöhungen geht, kann ein wirtschaftlich stärkerer Beteiligter bewirken, dass die Beteiligung der wirtschaftlich schwächeren Partei verwässert wird. Das Mitspracherecht wird sodann stets geringer und fällt unter die Sperrquote oder sogar unter die 10%-Schwelle, womit eine Abfindungsfusion möglich würde. Oft kann die Minderheitsbeteiligung auch nicht gewinnbringend weiterveräussert werden und der Beteiligte ist in einer unbefriedigenden Situation gebunden oder „verschenkt“ seine Beteiligung an den Mehrheitsbeteiligten. Ein Blick in die Statuten und die Geschäftsbücher ist vor dem Erwerb einer Beteiligung generell geboten, ebenso wie das Abwägen der Vor- und Nachteile und Auswirkungen einer Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung im konkreten Fall.

Diese Publikation dient ausschliesslich der allgemeinen Information. Ihr Inhalt ist nicht verbindlich und stellt keine Rechtsberatung dar.

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