Teil 11 – Aktienrechtsrevision

Das Schweizerische Aktienrecht wurde per 01. Januar 2023 revidiert. Gleichzeitig erfolgte eine Anpassung der Handelsregisterverordnung. Das vorliegende Dokument soll einen kurzen Überblick über die wichtigsten neuen Regelungen verschaffen. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

Welche Themen sind hauptsächlich von der Aktienrechtsrevision betroffen?

Statuten, Fremdwährung, Nennwert von Aktien, Kapitalveränderungen, Versammlungsabhaltung, Liquiditäts- und Sanierungsvorschriften, Partizipationskapital.

Konnten die Statuten vorzeitig angepasst werden?

Die Statuten konnten im Jahre 2022 nach Verabschiedung der Ausführungsbestimmungen durch den Bundesrat anhand von terminierten Statutenbestimmungen bereits für die Zeit ab dem 01.01.2023 angepasst werden, so dass ab diesem Zeitpunkt nahtlos das neue Recht angewandt werden konnte. Dies war jedoch nicht für alle bevorstehenden Änderungen möglich, sondern hauptsächlich in Bezug auf die Bestimmungen über die virtuelle Generalversammlung. Anpassungen wie die Einbindung des Kapitalbandes, der Wechsel zu Fremdwährung und weiterer Änderungen konnten einzig mittels bedingter Statutenänderung vorgenommen werden. Diese konnten erst ab dem 01.01.2023 angemeldet werden.

Wie lange läuft die Übergangsfrist für die Statutenanpassungen?

Die Übergangsfrist endet am 31.12.2024. Bis dahin bleiben die darin festgesetzten Bestimmungen, auch wenn sie mit dem neuen Recht nicht vereinbar sind, bestehen.

Hat die Aktienrechtsrevision auch Änderungen für die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) zur Folge?

Das Recht der GmbH verweist teilweise auf das Aktienrecht, womit auch die GmbH von der Aktienrechtsrevision betroffen ist. Wichtig zu wissen ist, dass eine der grossen Neuerungen der Aktienrechtsrevision, nämlich das Kapitalband, keine Anwendung auf die GmbH findet.

Das revidierte Aktienrecht, das auch für die GmbH gilt, betrifft insbesondere die Themen Einberufung der Generalversammlung, Einberufungs-, Traktandierungs- und Antragsrecht, den Tagungsort der Organe und die Verwendung elektronischer Mittel für die Stimmabgabe, Traktanden, Anträge, Protokoll und vorbereitende Massnahmen, Universalversammlung, Vertretung der Gesellschafter und die Unbefugte Teilnahme. Grundsätzlich gilt dies auch für Genossenschaften.

Gibt es wichtige Änderungen bei anderen Gesellschaftsformen?

Bei der Genossenschaft hat es eine wichtige Änderung gegeben. Gründungen von Genossenschaften und Statutenänderungen unterliegen neu der Form der öffentlichen Beurkundung.

Ist die viel diskutierte Lockerung des Beurkundungszwangs bei einfachen Gründungen umgesetzt worden oder nicht?

Im Vorfeld der Aktienrechtsrevision wurde die Entfernung des Beurkundungszwangs bei einfachen Gründungen gewisser Gesellschaften wie beispielsweise der GmbH und AG diskutiert. Da diese Änderung im Parlament nicht mehrheitsfähig war, wurde sie fallen gelassen. Der Beurkundungszwang gilt nach wie vor.

Was ist unter dem Begriff «Kapitalband» zu verstehen?

Das Kapitalband ersetzt die bisherige genehmigte Aktienkapitalerhöhung. Durch das Kapitalband wird der Verwaltungsrat ermächtigt, das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital während einer Dauer von maximal fünf Jahren innerhalb einer bestimmten Bandbreite beliebig zu erhöhen oder herabzusetzen. Dabei gibt es jedoch sowohl für die Herabsetzung als auch für die Erhöhung des Aktienkapitals eine Minimal- bzw. Maximalgrenze. Zudem müssen bei einer Kapitalherabsetzung die Gläubiger vorgängig informiert werden. Das Kapitalband verleiht dem Verwaltungsrat grossen Handlungsspielraum. Deshalb darf es nur dann angewandt werden, wenn die Gesellschaft der Revision unterliegt und kein Opting-out erfolgt ist.

Darf das Kapital neu in Fremdwährung gehalten werden?

Das Aktienkapital kann neu in Fremdwährung gehalten werden. Konsequenterweise haben dabei jedoch auch die Buchführung und Rechnungslegung in der betreffenden Fremdwährung zu erfolgen. Nicht jede beliebige Fremdwährung ist zulässig. Welche Fremdwährungen wählbar sind, wurde durch den Bundesrat in der Handelsregisterverordnung geregelt. Es sind dies der das Britische Pfund GBP, der Euro EUR, der US-Dollar USD und der Yen JPY.

Wie hoch muss der Nennwert einer Aktie neu sein?

Mit der Aktienrechtsrevision wurde die Mindestgrenze beim Nennwert von 1 Rappen aufgehoben. Der Nennwert einer Aktie muss lediglich grösser als 0.00 sein. Diese Erleichterung dient insbesondere den Publikumsgesellschaften.

Darf das Kapital auch in Kryptowährung angelegt werden?

Kryptowährungen dürfe wie bisher auch unter dem revidierten Aktienrecht nicht für das Kapital verwendet werden.

Welche Möglichkeiten für die Abhaltung von Generalversammlungen gibt es neu?

Die Möglichkeiten zur Abhaltung von Generalversammlungen wurden dem Fortschritt angepasst. So sind künftig multilokale Versammlungen (mehrere Tagungsorte), Auslandstagungen, die elektronische Stimmabgabe, die virtuelle Tagung und Zirkularbeschlüsse möglich.

Was hat bezüglich des Kapitalschutzes geändert?

Die Liquiditätsüberwachung wurde verändert. Bisher gab es zwei gesetzliche Bestimmungen, die den Verwaltungsrat zum Handeln gezwungen haben, nämlich den Kapitalverlust und die Überschuldung. Seit Beginn des Jahres gibt es drei Bestimmungen, nämlich der neue Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit, der Kapitalverlust und die Überschuldung. Der neue Tatbestand besagt, dass der Verwaltungsrat die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft überwachen und bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit rasch handeln muss. Der Verwaltungsrat wird gesetzlich deshalb bereits in einem wesentlich früheren Stadium zum Handeln verpflichtet, als dies bisher der Fall war.